Uncomfortable Voices

Symposium, Ausstellungsfinissage und Katalogvorstellung

​​Ein ganztägiges Symposium erkundet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der aktuellen „Kulturkriege“ in Österreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern. Warum ist es so einfach, unbequeme Stimmen auszugrenzen? Wie hat die Logik der Shitstorms zu einem neuen McCarthyismus geführt? Wie können Kultureinrichtungen mit dem aktuellen Druck umgehen und welche Strategien gibt es für den „Tag danach“? Wie können wir den Schaden beheben, der den Institutionen und dem öffentlichen Diskurs zugefügt wurde?

Im ersten Panel, The Day After?, befassen sich Andreja Hribernik und Daniel Muzyczuk mit den Auswirkungen rechter Wahlsiege auf Museen. Wie können diese unter rechtsgerichteten Regierungen weiterhin schwierige Themen behandeln? Wie können sich die Museen erholen, sobald die Macht wieder in andere Hände übergeht?

Im zweiten Panel, Austrian Apocalypse, setzen sich Natascha Strobl und Ilija Trojanow mit der Lage in Österreich auseinander, wo ein rechtsextremer Politiker dabei ist, Bundeskanzler zu werden. Wie ist es den Rechten gelungen, so große Teile der Wählerschaft zu überzeugen, und was könnte die derzeitige Faszination für den Autoritarismus entzaubern?

Im dritten Panel, Shitstorms and Staatsräson, diskutieren Emily Dische-Becker und Eva Menasse die jüngste Instrumentalisierung von Antisemitismusvorwürfen durch die Rechte in Deutschland und anderswo. Durch welche Mechanismen werden unbequeme Stimmen von öffentlichen Debatten ausgeschlossen? Wie lassen sich Shitstorms in den sozialen Medien bewältigen und wie kann man verhindern, dass sie toxisch werden?

Im letzten Panel, Uncomfortable Voices in Art Institutions, sprechen Nina Tabassomi und Antje Weitzel über die Auswirkungen des neuen politischen und wirtschaftlichen Drucks auf Kunstinstitutionen. Wie kann man sich in der neuen politischen Situation zurechtfinden? Wie geht man mit dem Konformitätsdruck um? Und wie kann man sich weiterhin unbequemen Wahrheiten stellen?

Im Rahmen des Symposiums gibt es auch einen ersten Blick in den Ausstellungs- und Festivalkatalog. Die reich bebilderte Publikation, gestaltet von Grupa Ee und erschienen bei Hatje Cantz (ISBN 978-3-7757-6008-9), dokumentiert das Programm des steirischen herbst ʼ24. Herausgegeben von Ekaterina Degot und David Riff, enthält sie Beiträge von Kevin Clarke, Clemens Ruthner, Barbara Seyerl, Heidemarie Uhl und Hans-Peter Weingand.


Programmablauf

10:00–11:00
Ausstellungsführung mit den Senior Kurator:innen David Riff und Pieternel Vermoortel

11:15–11:30
Begrüßung von Peter Peer, Leiter der Neuen Galerie Graz / Universalmuseum Joanneum, und Ekaterina Degot
Vorstellung des Horror Patriae-Katalogs

11:30–13:00
The Day After?
Mit Andreja Hribernik und Daniel Muzyczuk
Moderiert von Ekaterina Degot
In englischer Sprache

13:00–13:30
Sandwichpause

13:30–15:00
Austrian Apocalypse
Mit Natascha Strobl und Ilija Trojanow
Moderiert von David Riff
In deutscher Sprache

15:00–15:15
Kaffeepause

15:15–16:45
Shitstorms and Staatsräson
Mit Emily Dische-Becker und Eva Menasse
Moderiert von David Riff
In deutscher Sprache

16:45–17:00
Kaffeepause

17:00–18:30
Uncomfortable Voices in Art Institutions
Mit Nina Tabassomi und Antje Weitzel
Moderiert von Pieternel Vermoortel
In englischer Sprache

Im Anschluss
Weinempfang

Emily Dische-Becker ist Autorin, Filmproduzentin, Forscherin und Kuratorin. Sie arbeitete als Kulturmanagerin in Beirut und hat unter anderem für Harper’s Magazine, Der Spiegel und Die Zeit geschrieben. Bei Forensic Architecture und deren Schwesteragentur Forensis untersucht sie die Rolle staatlicher Behörden in Fällen antisemitischer und rassistischer Gewalt in Deutschland. Dische-Becker ist Mitglied des Lenkungsausschusses der Jerusalem Declaration on Antisemitism und Deutschlanddirektorin der Diaspora Alliance. Sie war Beraterin für öffentliche Programme bei der Documenta 15, Kassel, und Mitorganisatorin der internationalen Konferenz Hijacking Memory: The Holocaust and the New Right (Berlin, 2022).

Andreja Hribernik leitet seit Jänner 2023 das Kunsthaus Graz. Von 2013 bis 2022 war sie wissenschaftliche, künstlerische und kaufmännische Direktorin des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst Koroška, Slovenj Gradec. Davor arbeitete sie unter anderem in der Moderna galerija, Ljubljana, und der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leizpig. Im Jahr 2017 kuratierte Hribernik den slowenischen Beitrag für die Biennale von Venedig, The News Belong to Us!. Ihre Promotion zum Thema „Das Museum als Ort der Utopie“ schloss sie 2016 am Institut für humanistische Studien in Ljubljana ab.

Eva Menasse ist Schriftstellerin und Essayistin. Zu ihren Werken zählen Der Holocaust vor Gericht: Der Prozess um David Irving (Siedler Verlag, 2000), Vienna (Kiepenheuer & Witsch, 2005), Quasikristalle (Kiepenheuer & Witsch, 2013), Dunkelblum (Kiepenheuer & Witsch, 2021) und Alles und nichts sagen: Vom Zustand der Debatte in der Digitalmoderne (Kiepenheuer & Witsch, 2023). Menasse war bis November 2024 Sprecherin des PEN Berlin und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Heinrich-Böll-Preis (2013), den Österreichischen Buchpreis (2017) und den Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (2021).

Daniel Muzyczuk ist interimistischer Leiter des Muzeum Sztuki, Łódź. Er hat unter anderem die Ausstellungen Sounding the Body Electric: Experiments in Art and Music in Eastern Europe 1957–1984 (mit David Crowley), Notes from the Underground: Art and Alternative Music in Eastern Europe 1968–1994 (mit David Crowley), The Museum of Rhythm (mit Natasha Ginwala) und Through the Soundproof Curtain: The Polish Radio Experimental Studio (mit Michał Mendyk) kuratiert. Muzyczuk war Co-Kurator des polnischen Pavillons auf der 55. Biennale von Venedig (mit Agnieszka Pindera). Seine Monografie Twilight of the Magicians erscheint demnächst bei Spector Books.

Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin und Publizistin. Sie schreibt unter anderem für die Frankfurter Rundschau und die Süddeutsche Zeitung. Auf der Plattform X ist sie unter @Natascha_Strobl zu finden. Ihr Buch Radikalisierter Konservatismus: Eine Analyse (Suhrkamp, 2021) war ein Bestseller und wurde mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch (Anerkennungspreis) ausgezeichnet. Zusammen mit Julian Bruns und Kathrin Glösel veröffentlichte sie zudem Rechte Kulturrevolution: Wer und was ist die Neue Rechte von heute? (VSA Verlag, 2015).

Nina Tabassomi ist seit 2017 Direktorin des Taxispalais Kunsthalle Tirol. Zuvor war sie künstlerische Leiterin des Ludlow 38, des damaligen Ausstellungsraums des Goethe-Instituts New York. Sie war auch als Kuratorin am Fridericianum in Kassel tätig. Im Taxispalais setzt Tabassomi den Fokus auf erste Einzelausstellungen internationaler Künstler:innen in Österreich und auf Ausstellungstrilogien, die mittels Kunst Themen der Gegenwart sinnlich und diskursiv verhandeln, etwa den unzulänglichen Diskurs zu mehrfachen Zugehörigkeiten in Westeuropa. Aktuell kuratiert sie die Trilogie der Töchter, deren erstes Kapitel, Matriarchat, 2024 zu sehen war.

Ilija Trojanow ist Schriftsteller, Übersetzer und Verleger. Geboren 1965 in Sofia, floh er 1971 mit seiner Familie über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo sie politisches Asyl erhielten. Nach Stationen unter anderem in Nairobi, Mumbai und Kapstadt lebt Trojanow derzeit in Wien. Seine Romane wie Der Weltensammler (Hanser, 2006) und Reiseberichte wie An den inneren Ufern Indiens (Hanser, 2003) sind Bestseller und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschienen bei S. Fischer der Essay Nach der Flucht (2017) sowie die Romane Doppelte Spur (2020) und Tausend und ein Morgen (2023).

Antje Weitzel ist Kuratorin und Kulturmanagerin. Im Oktober 2024 übernahm sie die künstlerische Leitung und Geschäftsführung des Künstlerhauses Bethanien, Berlin. Zuvor war sie seit 2014 als Projektmanagerin für die Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst tätig. Von 2007 bis 2022 leitete und kuratierte Weitzel außerdem den Projektraum Uqbar, Berlin. Sie hat unter anderem Ausstellungen im Kunstraum Kreuzberg, der Galerie im Körnerpark, der nGbK, dem Maxim Gorki Theater und der Akademie der Künste, alle in Berlin, kuratiert. Ihre Arbeit spiegelt ein tiefes Verständnis für die Dynamik der zeitgenössischen Kunstwelt und ihr Engagement für deren kontinuierliche Weiterentwicklung wider.

8.2., 10:00–18:30

Neue Galerie Graz (Auditorium)
Joanneumsviertel
8010 Graz

Eintritt frei

Mit Emily Dische-Becker, Andreja Hribernik, Eva Menasse, Daniel Muzyczuk, Natascha Strobl, Nina Tabassomi, Ilija Trojanow und Antje Weitzel

Wenn Sie das Symposium besuchen möchten, bitten wir um Anmeldung bis 6. Februar unter
registration [​at​] steirischerherbst.at.