Emmy Hiesleitner-Singer
Bestandzettel-Kasten (1918)
Foto: Nicolae David / UMJ
Angesichts seiner Vision des Volkskundemuseums als ganzheitliche Darstellung einer Lebensweise lehnte Viktor Geramb (1884–1958) die Verwendung klassischer Museumsvitrinen ab. Stattdessen arbeitete er mit professionellen Künstler:innen zusammen, die detaillierte Aufträge zum Bau und zur Bemalung vermeintlich authentischer volkstümlicher Schränke, Buffets und Kästen erhielten. Dieser Kasten stammt von Emmy Hiesleitner-Singer (1884, Voitsberg, Österreich-Ungarn–1980, Graz), einer von mehreren Geramb nahestehenden Künstler:innen. Ursprünglich bekannt für ihre symbolistischen Landschaften, illustrierte sie drei Bücher des Regionaldichters und Nazi-Sympathisanten Hans Kloepfer (1867–1944). Dasselbe tat sie für Gerambs eigenes Buch mit steirischen Märchen, das von den Nazis scharf kritisiert wurde, weil es zu lokal und nicht gesamtdeutsch genug war. In diesem komplexen Kontext wurde Hiesleitner-Singer von den Nazis ausgestellt und geschätzt, obwohl sie bis zu ihrem Lebensende nur in traditioneller steirischer Tracht in der Öffentlichkeit auftrat.
Öl auf Holz, 27 × 54 × 19 cm
Volkskundemuseum am Paulustor / Universalmuseum Joanneum