Künstler:in unbekannt
Völkertafel (18. Jahrhundert)
Foto: ÖMV / Birgit und Peter Kainz
Die Völkertafel, gemalt in mehreren Exemplaren von einem oder einer anonymen Untertan:in des Habsburgerreiches, der oder die höchstwahrscheinlich aus dem Ausseerland stammte, ist auch heute noch beliebt. Die Gründe dafür sind dieselben wie im 18. Jahrhundert: als Aufklärung getarnte Unterhaltung und ein leicht perverses Vergnügen an der totalen Klassifizierung, die sich aus dem Vergleich von allem mit allem ergibt. Die Tafel zeigt zehn Europäer in vermeintlich traditioneller (jedoch oft falscher) Kleidung, von links nach rechts: ein Spanier, ein Franzose, ein Italiener, ein Deutscher, ein Engländer, ein Schwede, ein Pole, ein Ungar, ein Russe und ein Türke oder Grieche. Zwischen letzteren beiden wird nicht unterschieden (Griechenland war damals unter osmanischer Herrschaft). Viele, aber nicht alle, könnten Untertanen der Habsburger gewesen sein.
Ihre offensichtlich fiktiven Merkmale sind in einem Raster angeordnet. Die Figuren sind von Westen nach Osten ausgerichtet, und je weiter man sich nach Osten bewegt, desto dunkler werden sowohl ihre moralischen Eigenschaften als auch der Himmel im Hintergrund. Die Tabelle zitiert einen deutschen Kupferstich aus dem frühen 18. Jahrhundert (den sogenannten Leopold-Stich), der auf unglaubwürdigen Reiseberichten und Theorien über den Einfluss des Klimas auf die Sitten und Gebräuche beruht. Der Text ist zwar auf Süddeutsch verfasst, verschont aber auch die Deutschen nicht und scheint eine „übernationale“, paneuropäische bürokratische Haltung einzunehmen. Dennoch wurde er erstmals 1899 durch die Deutsche Zeitung, eine deutschnationale Zeitung aus Wien, die ihn recht unkritisch aufnahm, einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.
Öl auf Holz, 104 × 126 cm
Ausseer Kammerhofmuseum, Bad Aussee