Tomislav Gotovac
Hommage to Glenn Miller (1990)
Mit freundlicher Genehmigung des Tomislav Gotovac Institute, Zagreb
Im Jahr 1990, kurz nach dem Fall der Mauer, zeigte der legendäre Performance-Künstler Tomislav Gotovac seine Hommage to Glenn Miller in Sarajevo. Sie spiegelt die politischen Vorstellungen wider, die in Europa mit dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus und dem Anbruch einer neuen, neoliberalen Ära langsam auftauchten.
Zur fröhlichen Musik von Glenn Miller führt Gotovac in Unterhosen eine kleine neofaschistische Choreografie auf, bevor er im zweiten Teil als kommunistischer Hohepriester zurückkehrt. In seiner Rede parodiert er die Eigenarten ideologischer Aufwiegler und präsentiert gleichzeitig eine erschreckende Flut von paranoiden Erzählungen. Sie betreffen unter anderem die fast göttliche Vorherrschaft der Vereinigten Staaten in der Nachkriegszeit und einen kommenden Krieg zwischen Europa und Asien. Heute sind Gotovacs Hirngespinste praktisch identisch mit weitverbreiteten Verschwörungstheorien und nehmen die Sprache neurechter Bewegungen vorweg.
Tomislav Gotovac (1937, Somor, Jugoslawien–2010, Zagreb, Kroatien) war ein Filmemacher sowie Konzept- und Performancekünstler, der zahlreiche Fotoserien und Collagen schuf. Seit den 1960er-Jahren setzte er sich in seinen Arbeiten kritisch mit gesellschaftlichen Themen auseinander und fand dafür neue, formal radikale und anarchische Wege. Seine Werke wurden unter anderem auf der 53. Biennale von Venedig, im Museum für Moderne Kunst in Warschau, im Museum für Zeitgenössische Kunst in Zagreb, in der Wiener Secession, im Musée d’art moderne de la Ville de Paris und im Museum of Modern Art in New York gezeigt.
Videodokumentation einer Performance, 37:08 min
Tomislav Gotovac Institute, Zagreb